Das West-Nil-Fieber

 

Das West-Nil-Fieber ist eine durch das West-Nil-Virus (WNV) verursachte Infektionskrankheit. Die Übertragung findet durch blutsaugende Mücken statt.

Das WNV wurde 1937 in der namensgebenden Region „West-Nil“ in Uganda erstmalig nachgewiesen. Über Zugvögel erfolgte die Verbreitung in andere Erdteile. In Europa waren ursprünglich hauptsächlich die süd- und südöstlich gelegenen Länder (z.B. Italien) betroffen. In Deutschland wurde das Virus im August 2018 erstmalig in einem infizierten Bartkauz aus Volierenhaltung nachgewiesen. Es folgten im selben Jahr weitere Nachweise bei (Wild)-Vögeln sowie bei zwei Pferden. Das West-Nil-Virus breitete sich in den Folgejahren langsam innerhalb des Bundesgebietes aus. Besonders betroffen sind seither die östlich gelegenen Bundesländer Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Sachsen. In anderen Bundesländern traten in den letzten Jahren vorwiegend Einzelfunde auf. Bedingt durch den Stechmückenflug findet sich eine Häufung von WNV-Infektionen in den Sommermonaten ab Anfang Juli. Neben den Fällen von erkrankten Vögeln und Pferden wurden seit 2019 auch regelmäßig einzelne Erkrankungsfälle bei Menschen festgestellt.

Ende September 2020 wurde der erste Fall bei einem Pferd in Niedersachsen im Landkreis Helmstedt nachgewiesen. Im Oktober 2023 wurde das WNV bei einem Pferd im westniedersächsischen Landkreis Grafschaft Bentheim festgestellt. Da das betroffene Pferd zu Trainings- und Turnierzwecken auch zeitweise in die Niederlande verbracht worden war, konnte der tatsächliche Infektionsort nicht eindeutig festgestellt werden. Im August 2024 traten erneut zwei Ausbrüche von West-Nil-Fieber bei je einem Pferd im Landkreis Lüchow-Dannenberg und im Landkreis Rotenburg (Wümme) auf. Es folgten bis Anfang September weitere Feststellungen bei zwei Vögeln und acht Pferden in weiteren ostniedersächsischen Landkreisen. Diese Fälle können Hinweise auf eine Ausdehnung des bisherigen WNV-Verbreitungsgebietes nach Niedersachsen sein.

Aktuelle Informationen werden im TierSeuchenInformationsSystem (TSIS) des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) zur Verfügung gestellt.
 

Empfängliche Arten

Beim West-Nil-Fieber handelt es sich um eine Zoonose (von Tier auf Mensch übertragbare Krankheit). Die Hauptwirte des Virus sind (Wild)Vögel. Sperlingsvögel, Greif- und Eulenvögel sind besonders empfänglich. Von den gehaltenen Wirtschaftsgeflügelarten sind vor allem Gänse betroffen.

Des Weiteren können sich, neben Menschen, verschiedenste Säugetiere (z.B. Pferde, Katzen, Hunde, Kaninchen, Eichhörnchen) und andere Wirbeltiere mit dem WNV infizieren. Unter den Säugetieren zeigen Pferde eine besonders hohe Empfänglichkeit.
 

Erreger

Das WNV lässt sich in bis zu 9 Subtypen einteilen, von denen Subtyp 1 und 2 für das Ausbruchsgeschehen in Europa verantwortlich sind. Es handelt sich um sog. Flaviviren, zu denen beispielsweise auch das Gelbfieber- oder das Usutu-Virus gehören.
 

Übertragung

Das Virus zirkuliert in der Natur zwischen Vögeln und Stechmücken (hauptsächlich Gattung Culex), welche den Erreger durch den Akt des Blutsaugens an Vögeln aufnehmen und in der Folge auf andere Wirbeltiere übertragen können. In den Vögeln kann sich das WNV stark vermehren. Menschen und Säugetiere spielen als sog. Fehlwirte („dead-end-hosts“) bei der Weiterverbreitung des Virus keine Rolle, da in ihnen keine nennenswerte Virusvermehrung stattfindet.

Das WNV kann erfolgreich in einheimischen Stechmücken in Deutschland überwintern.
 

Krankheitsbild

Bei Vögeln verläuft eine Infektion mit WNV meist symptomlos. Bei sehr empfänglichen Vogelarten wie z.B. Raben, Eichelhähern und Greifvögeln kann die Erkrankung aber zu schwerwiegenden Krankheitserscheinungen bis hin zum Tod führen. Zu den Symptomen gehören neurologische Ausfallserscheinungen und Blutungen im Schnabel- oder Kloakenbereich.

Auch infizierte Pferde entwickeln in der Mehrzahl der Fälle keine oder nur milde Symptome (z.B. Fieber). In etwa 8 % der Fälle kann es aber zu schwerwiegenden Krankheitsverläufen kommen. Eine Infektion mit dem WNV kann zu Gehirn- und Gehirnhautentzündungen führen. Die Tiere zeigen neurologische Auffälligkeiten wie Stolpern, Nachhandlähmungen, Gesichtsnervenlähmungen, Muskelzittern oder Schwäche bis zum Festliegen. 30 – 50 % dieser schwer erkrankten Pferde sterben. Überlebende Pferde behalten in bis zu 20 % der Fälle Schäden zurück.
 

Therapie, Impfung, Bekämpfung

Eine direkte Bekämpfung des Virus im infizierten Tier ist nicht möglich. Bei erkrankten Tieren kann lediglich eine symptomatische Behandlung der Krankheitserscheinungen durchgeführt werden.

Pferde, die eine Infektion überleben, bilden nach der Infektion für einen begrenzten Zeitraum schützende Antikörper aus.

Zur Vorbeugung vor dem West-Nil-Fieber stehen in Deutschland drei zugelassene Pferde-Impfstoffe zur Verfügung. Für alle Impfstoffe gilt gleichermaßen, dass sich auch geimpfte Pferde mit dem WNV infizieren können. Die Impfung schützt jedoch weitestgehend vor einer Erkrankung und besonders sicher vor schweren Verläufen. Für Pferde, die in den Verbreitungsgebieten des Virus gehalten, oder auch nur kurzzeitig dorthin verbracht werden (z.B. Turnier, Ausbildung, Wanderritte), ist die WNV-Impfung eine sichere Schutzmaßnahme. Aufgrund der Ausbreitungstendenz des WNV ist mittelfristig die Impfung aller Pferde in der niederdeutschen Tiefebene empfohlen. Die Grundimmunisierung der Pferde soll im zeitigen Frühjahr abgeschlossen sein, damit die Tiere noch vor Beginn der Stechmückensaison einen ausreichenden Immunschutz aufbauen können. Auch der Zeitpunkt der Auffrischungsimpfungen ist entsprechend zu planen.

Geimpfte Pferde zeigen einen guten Schutz vor schweren Krankheitsverläufen. Im Falle der Erkrankung nicht geimpfter Pferde am West-Nil-Fieber können die Behandlungskosten die Impfkosten schnell übersteigen. Dieser Aspekt sollte von Pferdehaltern in der Kosten-Nutzen-Abwägung der Impfung berücksichtigt werden.

Um das Risiko der Übertragung zu verringern, ist die Mückenabwehr als zusätzliche Schutzmaßnahme in Betracht zu ziehen:

  • Reduzierung der Stechmücken durch Vermeidung von Staugewässern (z.B. auf Weiden)
  • kein Weidegang für empfängliche Tiere in der Dämmerung und Nacht (höchste Mückenaktivität)
  • mechanische Mückenabwehr (Fliegen- oder Ekzemerdecke)
  • Einsatz von Repellentien (z.B. Anti-Mücken-Spray)

Für Vögel stehen keine zugelassenen Impfstoffe zur Verfügung.
 

Bekämpfung und behördliche Maßnahmen

Nach dem europäische Tiergesundheitsrecht ist das West-Nil-Fieber bei Vögeln und Equiden eine Seuche der Kategorie E. Das heißt, dass die Erkrankung innerhalb der Union lediglich überwacht werden muss.

Die Infektion mit dem WNV von einem Vogel oder Pferd ist eine in Deutschland anzeigepflichtige Tierseuche, für die derzeit keine behördlichen Bekämpfungsmaßnahmen vorgesehen sind. Der Tierhalter (und andere für die Betreuung der Tiere verantwortliche Personen) muss den Verdacht auf und das Auftreten von WNV-Infektionen bei Vögeln oder Pferden dem zuständigen Veterinäramt mitteilen.
 

Entschädigungen und Beihilfen

Entschädigungen sind Leistungen, deren Zahlung durch das Tiergesundheitsgesetz (TierGesG) festgelegt sind. Dagegen sind Beihilfen Zahlungen die durch den Verwaltungsrat der Tierseuchenkasse in der Beihilfesatzung festgelegt werden.

Nach § 15 TierGesG wird auf Antrag eine Entschädigung in Geld geleistet für u.a. Tiere,

  • die auf behördliche Anordnung getötet wurden oder nach Anordnung der Tötung verendet sind,
  • bei denen nach dem Tode eine anzeigepflichtige Tierseuche festgestellt worden ist, aufgrund derer die Tiere auf behördliche Anordnung hätten getötet werden müssen,
  • bei denen es wahrscheinlich ist, dass sie aufgrund einer tierseuchenrechtlich vorgeschriebenen oder behördlich angeordneten Maßnahme oder aufgrund der Durchführung dieser Maßnahme getötet werden mussten oder verendet sind.

Da für die Bekämpfung des West-Nil-Fiebers keine behördlich angeordneten Bekämpfungsmaßnahmen (z.B. Anordnung der Tötung infizierter Tiere) vorgesehen sind, können auf dieser Grundlage keine Entschädigungen für Tiere gezahlt werden, die im Falle einer Erkrankung verenden oder euthanasiert werden müssen.

Beihilfen (z.B. zu Impfungen) können nur gezahlt werden, wenn behördliche Maßnahmen für die Bekämpfung einer Tierseuche im Rahmen eines Bekämpfungsprogramms vorgesehen sind. Solche Maßnahmen könnten dann in die aktuelle Beihilfesatzung der Tierseuchenkasse aufgenommen und von der EU-Kommission notifiziert werden. Dies ist bei der Infektion mit dem WNV nicht der Fall, weshalb die Tierseuchenkasse hier auch keine Beihilfe leistet.